Im Juli 2025 hatte ich die besondere Gelegenheit, auf einer Güterzug-Lokomotive von München bis zum Brenner mitzufahren. Damit ging für mich nicht nur ein Kindheitstraum in Erfüllung, auch fachlich war diese Fahrt von großem Wert. Zwar fällt der Schienengüterverkehr ebenso wie die Streckeninfrastruktur nicht in die direkte Zuständigkeit des Bayerischen Landtags, dennoch spielen beide Themen in der politischen Debatte eine wichtige Rolle und beeinflussen maßgeblich den Schienenpersonennahverkehr, den wir im Freistaat gestalten.
Die wertvollen Einblicke in die betriebliche Praxis und die besonderen Herausforderungen auf der Brenner-Route verdanke ich der Firma Lokomotion. Das Münchner Unternehmen ist auf den alpenquerenden Güterverkehr spezialisiert – insbesondere auf der Strecke zwischen München und Verona. Ich hatte die Gelegenheit, in einem 500 Meter langen und rund 1.450 Tonnen schweren Güterzug mitzufahren, der von einer mehrsystemfähigen Siemens Vectron gezogen wurde. Diese Lokomotive ist in der Lage, länderübergreifend zu verkehren und dabei unterschiedliche Strom- und Sicherungssysteme zu nutzen.
Dass es Unterschiede im Ausbau und in der Qualität der Schieneninfrastruktur zwischen Deutschland und Österreich gibt, war mir durchaus bewusst, wie gravierend und augenfällig diese jedoch sind, hat mich dennoch überrascht. Während auf deutscher Seite der Sanierungsstau bereits vom Führerstand aus sichtbar wird, zahlreiche Langsamfahrstellen und Kleinbaustellen den Verkehr ausbremsen, präsentiert sich die Infrastruktur in Österreich in einem deutlich besseren und zuverlässigen Zustand.
Große Sorgen bereiten die für die kommenden Jahre angekündigten Generalsanierungen zentraler Hauptstrecken in Deutschland. Trotz des Einsatzes erheblicher finanzieller Mittel plant die Deutsche Bahn einen geringeren Sanierungsumfang als ursprünglich vorgesehen. Damit stellt sich umso dringlicher die Frage, ob monatelange Vollsperrungen tatsächlich gerechtfertigt sind, zumal andere Länder zeigen, dass es auch ohne geht.
Kurz hinter der Staatsgrenze taucht der Zug in den seit vielen Jahren ausgebauten Abschnitt des Brenner-Nordzulaufs ab. Die alte Bestandsstrecke bleibt dadurch vom Güterverkehr entlastet und frei für den Nahverkehr. Die unterirdische Schnellstrecke teilt sich unser Güterzug mit weiteren Güterzügen sowie schnellen Fernverkehrszügen. Eine vorbildliche Lösung, die wir dringend auch auf deutscher Seite benötigen.
Innsbruck umfahren wir über die unterirdische Güterumfahrung, die ebenfalls ein Bestandteil des Brenner-Nordzulaufs ist. Durch diese Lösung wurden sowohl die Stadt als auch der Bahnhof Innsbruck spürbar entlastet und es konnten mehr Kapazitäten für den Personenverkehr geschaffen werden.
Nach dem Tunnel beginnt der langsame Anstieg auf der Bergstrecke, die noch viel Zeit und Energie kostet. Doch das wird sich ändern: Anfang der 2030er Jahre soll der Brennerbasistunnel fertig sein, dann entfällt dieser beschwerliche Teil. Dieser Tunnel wird nicht nur der längste Eisenbahntunnel der Welt, sondern auch ein Schlüsselprojekt für den europäischen Klimaschutz und die Verkehrswende über die Alpen. Mit seiner Inbetriebnahme können deutlich mehr Züge effizient und umweltfreundlich den Brenner passieren.
Damit das auch wirklich wirkt, muss der Verkehr auch auf deutscher Seite reibungslos weiterlaufen können. Dafür brauchen wir zwei zusätzliche Gleise, denn nur so gelingt die Verlagerung von der Straße auf die Schiene wirklich.
Ich danke Ruby van der Sluis, Andreas Kraus und Johannes Gleis von Lokomotion für den wertvollen Einblick und die fachlich hochkompetenten Erläuterungen!







