Forschungsreaktor FRM II: 2000 Tage „Herzstillstand“

Grüne kritisieren Schönrederei und kündigen Anfrage an

„Am Garchinger Forschungsreaktor herrscht seit 2000 Tagen Herzstillstand“, so Claudia Köhler, Grüne Abgeordnete im Bayerischen Landtag aus dem Landkreis München. Sie bezieht sich auf Staatskanzleiminister Dr. Florian Herrmann, der noch im letzten Jahr überschwänglich schwärmte: „Hier schlägt das Herz der deutschen Kerntechnik-Forschung!“

„Ein guter Kardiologe wäre der Minister nicht. Denn am kommenden Wochenende sind 2000 Tage, seitdem der Reaktor keine Neutronen mehr produziert. Und es ist immer noch kein Ende abzusehen, schon gar nicht mit der lang geforderten Umrüstung und der Abkehr von hoch angereichertem Uran. Es ist höchste Zeit, Schluss zu machen mit dem Schönreden und stattdessen endlich zu handeln.“

  • Die letzten Neutronen wurden in Garching vor am 16. März 2020 produziert. Durch eine beispiellose Schlamperei wurde damals ein Abgasschlauch nicht angeschlossen und dadurch innerhalb von zwei Wochen mehr als die erlaubte Jahresemissionsmenge des radioaktiven Stoffs C14 in die Luft geblasen. In der Konsequenz musste der Betrieb umgehend eingestellt werden, das gesamte Sicherheits- und Betriebskonzept kam auf den Prüfstand und musste überarbeitet werden. Doch das war erst der Anfang einer ganzen Pannenserie:
  • Ein Jahr später, 2021, meldete sich die sogenannte „Kalte Quelle“, eine zentrale experimentelle Komponente, vom Dienst ab. Sie erzeugte nicht mehr genügend „kalte“, also langsame Neutronen; eine Reparatur war nicht möglich. Sie musste vollständig ausgebaut und ersetzt werden.
  • Im Januar 2022 meldete die TU München den dramatischsten Rückschlag: am Zentralkanal trat ungeplant, aber kontinuierlich Flüssigkeit aus. Auch hier: keine Reparatur möglich, ein vollkommener Ersatz war nötig. Dabei stellte sich heraus, dass es nicht einmal eine ausreichende Dokumentation über die Herstellung dieses Zentralkanals gabs, es musste von vorne die Suche nach einem Lieferanten begonnen werden. Die Herausforderung besteht darin, Material zu finden und zu bearbeiten, dass den Neutronenbeschuss aushält.
  • Voller Optimismus kündigte die TU an, im 1. Quartal 2024 wieder in Betrieb gehen können. Doch in nahezu regelmäßigen Abständen wurde dieser Termin verschoben, zuletzt auf Ende 2025 – der Termin ist nach Ansicht der Grünen im Landtag nicht mehr zu halten.

Markus Büchler, Grüner Landtagsabgeordneter aus Oberschleißheim kommentiert die Schlamperei über die letzten Jahre: „Seit sieben Jahren lenken die CSU-Minister und die TU mit Leuchtturmgefasel und Pressemeldungen von der Schlamperei ab. Immer wieder werden wider besseres Wissen eine Wiederinbetriebnahme und angebliche Durchbrüche für die Umrüstung weg vom hoch angereicherten Uran (HEU) angekündigt und die Öffentlichkeit hingehalten“. „In Wirklichkeit ist der FRM II seit Jahren mehr Baustelle als Forschungsstätte. Schon vor den 2000 Tagen Stillstand gab es anhaltende Korrosionsprobleme, Probleme beim Transport von Brennelementen und immer wieder „Wartungspausen“. Der internationalen Forschung hat man 87 Brennelemente-Zyklen versprochen, geschafft hat man mit 47 gerade mal gut die Hälfte. Wenn das so weitergeht, ist der FRM II ein herausragendes Symbol für Aussitzen und Geldverschwendung in der Spitzenforschung.“

Die Abgeordneten haben eine Anfrage eingereicht, in der sie klare Aussagen und zeitnahes Handeln von der Staatsregierung einfordern, um den Ruf Bayerns als verlässlicher Wissenschaftsstandort zu sichern.

Anfrage an die Bayerische Staatsregierung vom 05.09.2025