Kürzt die Staatsregierung das Zugangebot in Bayern? 3. September 20247. September 2024 Pressemitteilung vom 3. September 2024„Ihr Anschlusszug fällt heute aus Kostengründen aus!“ Diese neue Durchsage könnte im Bayern bald Realität werden. Denn beim Freistaat wird das Geld für den Schienenpersonennahverkehr knapp, befürchtet der Abgeordnete Dr. Markus Büchler. Deshalb hat er in einer Anfrage die Bayerische Staatsregierung nach etwaigen Kürzungsplänen befragt. Die Antwort der Staatsregierung, Drs. 19/2992 beinhaltet ein derart schwaches Dementi, dass man es als Bestätigung lesen kann. Zwar gebe es „derzeit keine konkreten“ Pläne, aber die Finanzierung des Bahnangebots werde immer schwieriger. Für Markus Büchler bedeutet das auf Klartext übersetzt: „Ja, uns geht das Geld aus, die Kürzungspläne sind noch nicht ganz fertiggestellt.“ Und sie kämen nicht überraschend.Das hat mehrere Gründe: Die FDP auf Bundesebene ist nicht bereit, die Finanzmittel für die Länder, mit denen diese die Nahverkehrszüge bestellen, substanziell zu erhöhen. Eine Erhöhung dieser sogenannten Regionalisierungsmittel ist zwar im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung auf Druck der Grünen fest vereinbart worden. Allerdings gab es bislang lediglich eine Aufstockung, um die Hälfte der enormen Kosten für das Deutschlandticket zu finanzieren sowie eine 3%ige Erhöhung pro Jahr, die zuletzt weit unter der Inflation lag. Für die Bundesländer bedeutet das unterm Strich viel weniger Geld für ihren Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Durch das Deutschlandticket steigt erfreulicherweise die Nachfrage nach Bahnfahrten sehr stark. Es werden mehr Fahrten oder längere Züge benötigt. Das kostet aber Geld, das der Bund bislang nicht bereitstellt. Der Nachfrageoffensive ist die ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbarte Angebotsoffensive bislang nicht gefolgt. Auch hier fehlt die Zustimmung der FDP. Die Kosten für den SPNV steigen seit einigen Jahren überproportional. Das betrifft sowohl die Energiekosten als auch die Löhne für das Personal sowie den Kauf neuer Züge. Dazu kommen Extrakosten für gewünschte Komfortmaßnahmen beispielsweise für die oftmals überfällige Nachrüstung älterer Fahrzeuge mit WLAN. Künftig könnten auch die Trassen- und Stationsgebühren, die für jede einzelne Zugfahrt anfallen, aufgrund der seit der Bahnreform vor über 30 Jahren verkorksten Finanzierungsarchitektur der Deutschen Bahn deutlich steigen. Das heißt: den real schrumpfenden Mitteln (siehe 1.) stehen schnell steigende Kosten gegenüber. Die Söder-Regierung in Bayern will den Aus- und Neubau von Straßen forcieren. Gleichzeitig steigen auch hier die Kosten überproportional. Genauso bei der aus Grüner Sicht notwendigen Sanierung maroder bestehender Straßen. Auch die CSU kann jedoch einen Euro nur einmal ausgeben. Entweder für die Schiene oder für die Straße. Bei den Mitteln für ihren „heiligen“ Straßenbau schöpft die CSU-Staatsregierung aus dem Vollen: statt 350 gibt es nun 450 Millionen Euro alleine für die Staatsstraßen. Weitere Erhöhungen sind abzusehen, schließlich beinhaltet der Staatsstraßenausbauplan des Bayerischen Verkehrsministeriums ein Füllhorn an meist überflüssigen neuen Ortsumfahrungen und Projekten zum Straßenausbau. Dieses Geld fehlt sowohl beim Stopfen von Schlaglöcher auf maroden Straßen als eben auch bei der Eisenbahn. Mit dem Bau eines zweiten Tunnels für die S-Bahn-Stammstrecke unter der Münchner Innenstadt hat die CSU Bayern ein Fass ohne Boden aufgezwungen, das über Jahrzehnte riesige Löcher in den Staatshaushalt reißt. Das von Fachleuten lang vehement bekämpfte Projekt bietet kaum verkehrlichen Mehrwert, bindet über Jahrzehnte einen erheblichen Teil der Bahn-Baukapazitäten und beansprucht mehrere Hundert Millionen Euro jährlich aus dem Bayerischen Staatshaushalt. Schließlich muss Bayern das CSU-Prestigeprojekt großteils selber finanzieren – ganz anders als beim Milliardengrab Stuttgart21. Fallen in Bayern bald noch deutlich mehr Züge aus? Genau das befürchtet Dr. Markus Büchler: „Angesichts der oben genannten Punkte geht dem Verkehrsministerium meines Erachtens das Geld aus. Wenn nicht frisches Geld vom Bayerischen oder Bundesfinanzministerium locker gemacht wird, wird gespart werden müssen. Niedersachsen und Schleswig-Holstein haben damit bereits begonnen. Meines Erachtens ist es eine Frage der Zeit, bis Bayern Züge abbestellt und die Fahrgäste im Regen stehen lässt. Dieses Szenario würde Bemühungen um eine Verkehrsverlagerung auf die klimafreundliche Schiene konterkarieren und an der Begeisterung für das kundenfreundlich Deutschlandticket vorbeizielen. Wir brauchen ein besseres Zugangebot aufgrund der wachsenden Nachfrage – nicht weniger!“ Die Finanzierung des SPNV (und auch des Allgemeinen ÖPNV) muss auch auf Länderebene besser aufgestellt werden. Um eine dritte Einnahmensäule neben Ticket-Einnahmen und Haushaltsmitteln wird man nicht herumkommen, wenn man SPNV/ÖPNV verdoppeln möchte, um die Klimaziele zu erreichen, die Straßen zu entlasten und Mobilität für alle Menschen überall im Land zu ermöglichen. Hier gäbe es viele Handlungsmöglichkeiten, die man sich in anderen Ländern abschauen könnte: Nahverkehrsabgabe, City-Maut, Dienstgeberabgabe, versement transport usw. Die CSU lehnt bislang alles ab und hat gleichzeitig keine eigenen Vorschläge für eine bessere und haushaltsunabhängigere finanzielle Ausstattung des öffentlichen Verkehrs. Die CSU will das nicht angehen. Die CSU verweigert sich einer Lösung. „Sowohl vom Bundes- als auch vom Bayerischen Verkehrsminister fordere ich, keine Kürzungen vorzunehmen, sondern die Prioritäten von der Straße auf die Schiene zu richten! Das Straßennetz ist fertig ausgebaut. Bei der veralteten, überlasteten Eisenbahn gibt es alle Hände voll zu tun! Darüber hinaus fordere ich eine lösungsorientierte Debatte über eine auskömmliche finanzielle Ausstattung des öffentlichen Verkehrs! Packen wir es an!“, so Markus Büchler. AnFrage und Antwort zu SPNV-Abbestellungen vom 15. Juli 2024 DrS 19/2992