Statt Milliardengrab im Innenstadttunnel: S-Bahn-Netz ausbauen

Ein Kommentar von Dr. Markus Büchler, MdL

Die Nutzung der störanfälligen S-Bahn erfordert gute Nerven, das kennen wir alle. Ausbau und Modernisierung des Schienennetzes wurden jahrzentelang verschlafen. Stattdessen haben Generationen von CSU-Verkehrspolitikern ideologisch einseitig auf den Straßenbau gesetzt. Staus und Verkehrsinfarkt sind die logische Folge.

Für die S-Bahn sollte, ebenfalls nach dem Willen der „Autofahrerpartei“ CSU ein einzelnes Prestigeprojekt genügen: Eine zweite Röhre durch die Innenstadt. Nun explodieren abermals die Kosten auf über sieben Milliarden Euro, die Bauzeit verlängert sich erneut: Diesmal um fast zehn Jahre auf 2037 — Plus x Jahre, denn derzeit kann niemand sagen, wann das Projekt wirklich fertig wird.

Ein massiver Ausbau von Bahn und Bus ist notwendig, das bezweifelt niemand. Wir Grünen sind der Auffassung, dass die zweite Röhre alleine nicht viel bringt. An etlichen Außenästen könnte sich der S-Bahn-Takt sogar verschlechtern: Von 20 auf 30 Minuten beziehungsweise von 10- auf 15-Minutentakt.

Es sollen deutlich mehr Züge auf der Strecke unterwegs sein (Regio-S-Bahnen). Wer die Situation den völlig überlasteten Strecken heute kennt, kann das nur als Scherz auffassen. Es passen keine zusätzlichen Züge auf die Strecke ohne einen Ausbau der Außenäste!

Gesamtes S-Bahn-Netz ertüchtigen

Wer eine bessere S-Bahn will, als echte Alternative zum Auto, muss das gesamte S-Bahnnetz ertüchtigen und nicht nur eine sündhaft teure Rennstrecke zwischen Pasing und Ostbahnhof schaffen. Das heißt:

  • Ausbau der S7 Ost und S2 Ost auf zwei Gleise
  • Ausbau der S4 West auf vier Gleise und
  • Ausbau der S1 mit 2 neuen Gleisen an der Autobahn
  • Führung der 2. Stammstrecke über den sogenannten S-Bahn-Südring
  • Ausbau des sogenannten S-Bahn-Nordrings zur Entlastung der Innenstadt

Auch das kostet Milliarden – bringt aber zusätzliche Kapazität, Betriebsstabilität und erschließt neue Verkehre und Umstiegsmöglichkeiten.

Nicht nur ist das Projekt einer zweiten Röhre durch die sowieso überlastete Münchner Innenstadt ist an sich nicht zielführend. Durch die Kostenbeteiligung des Freistaats mit mehreren Milliarden Euro werden auch die meisten anderen wichtigen Ausbauprojekte in ganz Bayern verschoben, das heißt: ausgesetzt.

Außerdem hat Staatsminister Bernreiter bereits die Streichung von Zügen angedeutet. Für die angestrebte Verkehrswende und zur Erreichung der Klimaziele sind das fatale Signale, die wir Grünen nicht akzeptieren können.

Baustelle noch nicht weit fortgeschritten — Plan B nötig

Gleichzeitig ist die Baustelle noch nicht weit fortgeschritten. Die Ostachse ist bisher nicht einmal planfestgestellt, Tunnelbaumaßnahmen sind noch keine in Gang. Der Hauptbahnhof soll ohnehin neu gebaut werden und die Bauarbeiten im Bereich des Bahnhofs Laim wären auch ohne 2. Stammstrecke nötig und sinnvoll gewesen. Aus diesem Grund ist es für uns Grüne besonders wichtig, die Alternativen zur 2. Stammstrecke im sündhaft teuren Tunnel erneut in Betracht zu ziehen und einen Plan B für die Mobilität im Raum München aufzuzeigen.

Angesichts Inflation, Materialknappheit, Fachkräftemangel und steigenden Energiekosten wird das teuerste Bahnprojekt Bayerns wohl kaum bei den jetzt schon astronomischen sieben Milliarden bleiben. Deshalb sind wir Grünen der Ansicht: lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Noch ist eine Umkehr zu einem sinnvollen Bahnausbau möglich. Dann haben alle Vorteile in der wachsenden Boom-Region München.